Die Freiheit zu entscheiden

Blog | 23.2.2024 | Gabriel Fehrenbach

Wir machen es tagtäglich, aber was genau tun wir denn, wenn wir entscheiden? Folgen wir der Herkunft des Wortes, so bedeutet es nichts anderes als Ansichten voneinander zu trennen, um zur richtigen Einsicht zu kommen. Entscheiden zielt also nicht auf das, was wir im Alltag damit meinen: eine von mehreren Möglichkeiten auszuwählen und dieser dann zu folgen: Es heißt, sich zu klären, die unterschiedlichen Ansichten voneinander zu trennen, so lange, bis wir zur richtigen Einsicht gelangen.

Das ist etwas vollkommen anderes und es ist nicht leicht. Wir lassen uns in unserem Denken, Handeln und damit auch Entscheiden zu gerne von dem verführen, was wir an Erfahrungen, Meinungen, Wissen, Denk- und Weltmodellen bereits mitbringen. Wir stellen uns damit den Blick zu, statt zur Einsicht zu gelangen. Wie aber kommen wir dahin? Was es dazu braucht ist innere Freiheit; die Freiheit, sich von allem zu lösen, was uns prägt und unser Denken und Handeln vorbestimmt: von den eigenen wie den fremden Vorstellungen, von Ängsten, Wünschen, Zielen, Ideen, der eigenen Stimmung. Nur, wenn wir wirklich frei sind von alledem, was wir als unser ‚Selbst‘ verstehen und tagtäglich gerne polieren, sind wir frei für das, was das Leben mit uns vorhat, sind wir frei für die richtige Einsicht. Tun wir das nicht, so schreiben wir das Alte nur weiter fort, meinen dabei, der richtigen Einsicht zu folgen und sind doch weiterhin unfähig, uns dem Leben zu öffnen.

Lassen wir das Leben einfach geschehen? In ihrer Ambivalenz beschreibt die Frage sehr genau, worum es geht: Lassen wir das Leben einfach an uns vorbeiziehen? Genau das passiert, wenn wir uns an dem Alten festhalten oder an eine irgendwie geartete Zukunft orientieren. Denn dann sind wir nicht da, wo wir sein sollten: mitten im Leben, im Hier und im Jetzt. Oder lassen wir das Leben sich entfalten, sind wir wach und folgen dem, was es uns zeigt, was es von uns verlangt, wohin es uns weist?

Leben ist eine Intelligenz, die weitaus größer ist als unsere eigene, eine Intelligenz, die alles umfasst, alles einschließt und alles führt. Wir sind Teil der Schöpfung, nicht von ihr getrennt, wie wir es seit Jahrtausenden glauben und leben. Wenn wir die Vorstellung, Mensch und Natur seien getrennt, überwinden, gelangen wir zur Erkenntnis, dass wir in etwas eingebunden ist, an dem wir teilhaben können, dass uns dieses Umfassende führt, wenn wir das wollen, dass wir es aber weder erfassen noch kontrollieren können. Ohne diese Erkenntnis als reale Erfahrung in unserem Leben gelangen wir nicht zur richtigen Einsicht.

Alles ist lebendig, was nichts anderes bedeutet als: alles ist wesentlich. Wir können jede Frage, jede Idee, jede Aufgabe, jedes Unternehmen, jedes Treffen als ein eigenständiges Wesen betrachten und behandeln und uns fragen, was ist das Wesen dieser Sache? Was ist das Wesen dieses Konfliktes? Was ist das Wesen dieses Projektes? Was ist das Wesen dieser Herausforderung? Was ist das Wesen meines Lebens?
Die Frage nach dem Wesentlichen führt uns heraus aus unserem alten, engstirnigen Denken. Sie öffnet uns für den direkten Austausch mit dem, worum es wirklich geht, mit dem Leben, was sich da gerade zeigt und entfalten will. Wenn wir dieses Gespräch führen, ist ‚entscheiden‘ sehr einfach. Dann heißt es nur, das Wesentliche erkennen und ihm zu folgen, alles andere aber schlicht: zu lassen.


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